Plötzlich erwachsen?
Meine Freunde haben mir immer gesagt "Wenn du zum ersten Mal Vater wirst, verändert sich alles". Und irgendwie hatten sie Recht damit. Doch die Geschichten von wenig bis keinen Schlaf oder das „Nicht aus den Augen lassen“ sogar am schlafenden Kinderbett haben in meinem Fall das überwältigende Gefühl des Beschenktwerdens durch ein kleines Baby bei weitem überwogen. Wenn ich meinen Freunden, die nicht Vater waren, erklären wollte, was sich am meisten ändert mit der Geburt eines Kindes, habe ich immer den Vergleich gebracht: es ist so, als kommst Du jeden Tag nach Hause und es steht ein Geschenk bereit, welches Du aber nicht auspacken kannst, sondern Dich jede Stunde neu überraschen und begeistern wird und Du das Gefühl von Verbundenheit und Liebe auf ewig spüren wirst.
Nach der Geburt meiner ersten Tochter habe ich auf einmal alles viel bewusster wahrgenommen und ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass die Zeit mit den Kleinen irgendwann vorbei sein soll. Der Moment, in dem mir klar wurde, wie kostbar diese Zeit ist, war, als ich unsere Kleinste zum letzten Mal gewickelt hatte bzw. als mir klar wurde, dass es das letzte Mal war. Das ging mir dann doch ein bisschen zu schnell. Gestern hast du denen noch das Fläschchen gegeben – heute machen sie mit dir, was sie wollen, wenn du nicht aufpasst.
Der ein oder andere wird sicher sagen, dass ich da sehr naiv rangegangen bin, aber bevor ich Vater wurde dachte ich, mit 3 Jahren können sie dann richtig laufen und ab 6 Jahren kann man sich mit denen richtig unterhalten.
Die Wirklichkeit sieht da „leicht“ anders aus: Sie laufen schon nach 12 Monaten, und bevor sie vier Jahre alt sind, haben sie dich schon um den Finger gewickelt – ohne dass du es selbst gemerkt hast.
Man denkt immer „Die sind ja erst sechs“, aber im Grunde habe ich mittlerweile manchmal den Eindruck, die planen schon heimlich ihren Auszug. Mir geht das einfach viel zu schnell, als dass ich auch nur einen entscheidenden Moment von dieser rasanten Entwicklung verpassen möchte. Ich möchte ihnen so viel mitgeben, wie nur irgend möglich. Aber bekommen die nicht heute sowieso mehr Input als ein normaler Mensch überhaupt verarbeiten kann? Außerdem sollen sie ja auch ihren eigenen Weg finden. Alles Prima – aber wie geht das jetzt genau?
Das ultimative Patentrezept gibt es ganz sicher nicht. Da sind Karin und ich uns einig. Wo wir uns ebenso einig sind, ist, dass wir die Zeit nutzen wollen, die wir mit unseren Kindern haben. So intensiv wie möglich. Ich war gespannt, welche Impulse dieses Projekt uns auf diesem Weg geben wird.
Ps. Anmerkung jetzt im Nachhinein: ich hatte immer gescherzt, dass meine Mädchen irgendwann sagen werden, ich soll sie bei Freunden einen Block weiter oder vorher aussteigen lassen, da sie sich mit ihrem Vater schämen. Jetzt kommts: mit 11 Jahren sagte meine Große das erste Mal so nebenbei als ich sie zu einer Geburtstagsfeier fahren dufte: „Du steigst aber nicht etwa auch vom Auto aus vor meinen Freundinnen“ – so viel zum schnell erwachsen werden und die Welt selbst erkunden.
Gedanken von Gastgeber und Papi Arnold